Noch selten ist eine Vorfasnachtsveranstaltung derart zum Stadtgespräch geworden: Die meisten Besucher sind sich einig, dass die Leistungen der Cliquen, Gugge und Schnitzelbängg am diesjährigen Drummeli hervorragend waren. Der Teufel steckt aber in den Raamestiggli: Pointen liessen dieses Jahr auf sich warten. Umso mehr davon sind dafür in einem anderen Rahmenspiel zu finden: Es nennt sich «Der grosse Drummeli-Skandal 2016».
Muss das Drummeli bald zur Selbsthilfegruppe? Dieses Raamestiggli zumindest nennt sich schon so. (Bild: Keystone / Georgios Kefalas)
Dieses Rahmenspiel setzt sich aus sechs Akten zusammen. Dabei gibt es einen klar erkennbaren roten Faden. Beim Schauspiel-Ensemble kommen folgende Rollen zum Tragen: Ein zorniges Publikum, Laurent Gröflin (Drummeli-Regisseur), André Schaad (Drummelichef), -minu (Drummeli-Kritiker), Christoph Bürgin (Obmann Fasnachtscomité), Simon Erlanger (bz-Journalist), Daniel Buser (Schauspieler) und ein paar zufriedene Drummeli-Besucher.
Beim Prolog spielen die Zuschauerreihen eine tragende Rolle. Die spärlich gesäten Lacher während der ersten Hälfte der Drummeli-Premiere haben ihren Nachhall. In einer Selbstthematisierung kommen die Schauspieler auf das bisher Geschehene zu sprechen. Und da passierts: Die grössten Pointen des Abends sind ausgerechnet die nicht vorhergesehenen. Der Humor kommt aus den Sitzreihen: «Das Drummeli ist nicht das, was es einmal war.» Publikum: Tosender Applaus. «Frischer Wind ... das wird in einer Katastrophe enden.» Tosender Applaus. «Jahrhundertealte Traditionen werden mit Füssen getreten.» Lautstarkes Bravo. Später folgen dann als erster Höhepunkt im Programm auch zahlreiche Buhrufe.
Dieses Raamestiggli dreht sich ganz um die Medien. Es zeichnet sich durch markige Monologe aus: «Die Leute fühlen sich angepisst» und die Monstre-Premiere «schiffte aufs Kläglichste ab». Dieses vernichtende Urteil stammt von -minu in der «Basler Zeitung». Noch pointierter wird er im Laufe der Darbietung mit seiner Drummeli-Bewertung: «GGS – ganz grosse Saich», was -minu bei Telebasel nochmals unterstreicht. «Wo blieben die Pointen am diesjährigen Drummeli?», fragt sich auch Simon Erlanger in der «bz Basel». Und auf fasnacht.ch stellt man fest: «Cliquene sinn die bessere Rääme!»
Beim dritten Raamestiggli sprühen die Funken nur so, und das grosse Schauspielensemble kommt so richtig in Fahrt. Erneut fällt diesmal dem zornigen Publikum die Hauptrolle zu. So mancher Giftpfeil wird dabei aus dem Köcher geholt. Der trockene Basler Humor geht hier aber ein bisschen unter – es geht direkt zur Sache:
(Bild: Facebook)
Ein Leserbriefschreiber in der BaZ vom 3. Februar sorgt für zusätzliche Pointen: «Noch nie war das Drummeli so schlecht, die Raamestiggli waren kindisch, langweilig und saublöd!»
Auch so manche weiteren Facebook-User sorgen für Unterhaltung:
(Bild: Facebook)
Für eine Schlusspointe sorgt schliesslich Daniel Buser, der die heftig kritisierten Texte auf der Bühne umsetzen musste. Selbstironisch verweist er in seiner Reaktion auf die Verrisse auf ein altes «Raamestiggli» des Philosophen Seneca:
(Bild: Facebook)
In der folgenden Einlage des Schauspielensembles melden sich nach der harschen Kritik die Drummeli-Macher zu Wort: André Schaad spricht bei SRF von einer «fasnächtlichen Intoleranz». Auch Christoph Bürgin sagt in der BaZ, er finde das Ausbuhen des Schauspielensembles «respektlos».
Laurent Gröflin teilt beim Telebasel-«Talk» zudem ein paar Seitenhiebe gegen die Medien aus: «Es sind immer ähnliche Leute, die eine Plattform bekommen», sagt er an die Adresse der Drummeli-Kritiker aus dem zweiten Rahmenstück. Eine Schlusspointe versucht er mit der Antwort auf die Frage, ob er nächstes Jahr mehr Humor einbauen werde: «Kommt dann auf meine Gage an – jeder Lacher kostet extra.»
Die obligate Balkonszene ist in diesem Rahmenspiel auch wieder mit dabei. Am «Intrigiere» sind diesmal der Journalist Simon Erlanger und das Drummeli. Es beginnt mit einer Publikumsbeschimpfung, die buchstäblich äffisch wird:
Wie immer möchte man zum Schluss ein paar motivierende Worte hören. Beim Epilog wollen ein paar Stimmen nicht in den grossen Chor der Gehässigkeiten einstimmen. Der Boxtrainer Angelo Gallino, dem das Drummeli gefallen hat, stellt sich im Ring der Kritikerschar und lobt die Macher dafür, etwas Neues gewagt zu haben:
(Bild: Facebook)
Thierry Moosbrugger weist zudem darauf hin, dass Brüche mit Traditionen schon immer ein fester Bestandteil der Basler Fasnacht waren – ein schönes Schlusswort für dieses Rahmenspiel:
(Bild: Facebook)
Dem Premierenpublikum gefiel die Ausgabe 2016 aber nicht: Die Rahmenstiggli wurden als humorlos und langweilig empfunden.
Basel. Das Drummeli will sich verändern, nicht nur dem Mainstream aufsitzen, und es will als letzte der Vorfasnachtsveranstaltungen in der aktuellen Saison auch Überraschendes bieten.
Es war ein Experiment. Man wollte frischen Wind, modern sein, sich wegbewegen vom Fasnachts-Mainstream und das traditionsreiche Drummeli mit den Formen des zeitgenössischen Sprech-Theaters erneuern.
Es blieb nicht bei Buhrufen während der Premiere und den vernichtenden Bewertungen danach.
Im Probelokal sitzen 9 Menschen auf der Bühne und schauen erwartungsfroh zu den zahlreich anwesenden Mendienschaffenden.
Vor der Première des diesjährigen Drummeli sind die Comité-Leute nervöser als sonst. Ein neuer Regisseur, eine neue Ausrichtung der Rääme und ein neues Texterteam.
Alle Cliquen zeigen tolle Leistungen. Dies kann man leider nicht von den Rahmenstiggli sagen. Schade für die Cliquen, welche die schlechte Stimmung im Saal spüren. Erfreulich ist jedoch, dass sich diese nicht beirren lassen und ihre Auftritte musikalisch und visuell auf die Bühne bringen.
Beim diesjährigen Monster wagt der neue Regisseur Laurent Gröflin anspruchsvollere Experimente beim Rahmenspiel, die nicht nur gut ankommen. Die Cliquen glänzen aber mit brillanten Auftritten. Für Überraschungen sorgt dabei eine Junge Garde.