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Berichte & Kritiken


Drummeli 2019

23. Februar 2019Von: Lucien GrafViews: 3951

Wunderbar gespielt von der charmanten Susanne Hueber, Skelt! und Lukas Kubik. (Bildquelle: www.skelt.ch)

Drummeli Teil 2; vo 1874 bis zer Geegewart

Nach der Pause geht das gelungene Konzept, 5000 Joor Fasnacht, nahtlos weiter und die Besucher finden sich um die Jahrhundertwende im alten Kleinhüningen wieder, welches gerade eben zu Basel-Stadt eingemeindet worden ist.

Unter dem Titel Äxtrablatt, sinniert Rula Badeen über das Kleinhüningen der alten Zeit und wie schwer es die damaligen Einwohner dieses kleinen Fischerdörfchen gehabt haben und was die Wirtschaft und die Stadtverantwortlichen schlussendlich daraus gemacht haben. Zum Glück verdient die Zeitungsverkäuferin ein Zubrot… bis zletscht? Toll! 1874 würdigen d Glunggi mit dem „Fischmärt“ der Eröffnung des Basler Zoos, dem Zolli. Lustig watschelnd als prächtige Königspinguine, machen sie zwar eine etwas ungewöhnliche Figur, wissen aber spielerisch sehr zu überzeugen. Der Auftritt, bei welchem im Hintergrund laufend „härzigi Dierli“ gezeigt werden, wird nicht nur auf Grund dieser Bilder in guter Erinnerung bleiben. Ein spassiger Kurzauftritt des Ensembles, ohne Worte, wie es zur Stummfilmzeit in den 20er Jahren halt so üblich war. Wunderbar gespielt von der charmanten Susanne Hueber, Skelt! und Lukas Kubik.

Die Alti Stainlemer treten alsdann in grauer Arbeiterkluft auf die Bühne. Die Arbeiterbewegung ausspielend, welche zu diesem Zeitpunkt schwere Zeiten durchgemacht hatten, zeigen sie den „Ryslaifer“. Nach und nach verwandeln sie sich jedoch in immer farbigere Arbeiter, während sich in der Welt die Konjunktur etwas erholte und die Welt wieder etwas farbiger wurde. Mit Pianobegleitung und gesungenem Trommelversen ein grau-farbiger Auftritt der sich gewaschen hat.

Und schon befinden wir uns in den wilder 20er Jahre, wo die Guggenmusig Chaote, mit Big Band und Charleston tanzender Majorin eine Medley passend zur Zeit auf die Bretter fegen. Ein Medley ist jedoch etwas übertrieben, handelt es sich bei den Stücken um „Put in on the Ritz“ und „Mackie Messer“, in abwechselnder Reihenfolge… Schade ein drittes Stück hätte dem Medley gut getan, nichts desto trotz ist es ein toller Auftritt, das Premierenpublikum war begeistert.

1939 dr Hofnarr im Grieg. Ein Soloauftritt, eindrücklich dargeboten von Dominik Gysin. Die Kriegswirren rund um die Schweiz und deren Rolle während der finsteren Tage, hält den neutralen Schweizern den Spiegel vor, was dort gelaufen ist und was heute sicherlich nicht mehr passieren würde. Vermeintlich nicht mehr passieren würde, sind doch bereits haufenweise Parallelen und zahlreiche Wiederholungen zu erkennen, welche erst in jüngster Vergangenheit verübt worden sind. Ein mehr als nachdenklicher Beitrag.

Die Vereinigte Kleinbasler haben das Los gezogen die Kriegsjahre auszuspielen und das taten sie. Und wie! Zwei Banner mit Hakenkreuzen und im Hintergrund die Stimme von Joseph Göbbels, versetzte das Premierenpublikum fast ein Wenig in Angst. Alsdann schritt ein Heer uniformierter Armeeangehörige auf die Bühne. „Z Basel an mym Rhy“, in Moll gespielt ohne erste Piccolostimmen, gedämpften Trommelfellen und in einem sehr beklemmenden Tempo spielen sie die Kriegsjahre durch bis schliesslich der 2. Weltkrieg vorbei war und auch die VKB farbenfroh, pfiffig den Marsch beenden. Ein grossartiger Auftritt!

Alsdann befinden wir uns mit der Spezi-Clique und ihrem „Espana Cani“ in den 60er Jahren. Der Wirtschaftliche Aufschwung in der Schweiz dank Gastarbeitern aus Italien, Portugal und Spanien wird hier thematisiert und wunderbar beschwingt mit Piccolo und Rhythmusinstrumenten umgesetzt.

Das Frauenstimmrecht im 1970 nimmt danach das Ensemble Andrea Bettini, Dominik Gysin und Skelt! zum Anlass über die Aufnahme von Frauen in Cliquen und deren Auswirkungen auf die Fasnacht zu debattieren. Sehr amüsant, was man sich damals für Horrorszenarien vorgestellt haben muss und wie weit wir heutzutage bereits sind. Frauen im Grossen Rat mit Bebes, Regierungsrätinnen, Bundesrätinnen und sogar eine Comité-Obfrau… Sie haben es weit gebracht.

Die Mondlandung mit den Basler Rolli und dem „Apollo“ (eine Welturaufführung). Ein absoluter Hinkucker und wunderbar, präzise vorgetragen. Die Cliquen in ihren Raumanzügen und im Hintergrund der Mond in seiner halben Grösse. Ein hervorzuhebender Auftritt und ein weiterer Höhepunkt im zweiten Teil des diesjährigen Drummeli…

… und der Nächste folgt sogleich. Während die Basler Rolli die Bühne verlassen, bleiben zwei Personen mit überdimensionierten Helmen zurück. Bald stellen die Eingefleischten fest, dass es sich hierbei um d Stroosewischer handelt. Sie versuchen nun vehement mit Houston Kontakt aufzunehmen, was aber misslingt, also entschliessen sie sich selbstständig auf die Erde zurückzukehren und sich umgehend der Hippie-Bewegung anzuschliessen. Nun erfolgt ein Langvers, Nein, eigentlich ein ganzes Lied über die 60er mit Flowerpower und Woodstock. Einfach famos. Abgeschlossen wird ihr Auftritt mit einer Yoga-Stunde, bei welcher alle Besucher mitmachen können. Ein Brüller!

Die 1980er mit alter Stadtgärtnerei, Union oder Hotel California II, Jugendunruhen und Polizeieinsatz, das wird von der Breo spektakulär auf die Bühne gebracht. Sie spielen dabei ein Medley aus bekannten Popsongs aus den 80er. Die Polizeitambouren wirbeln dabei auf ihren Brustpanzer, den Schutzschildern oder ihren Helmen herum. Ein abwechslungsreicher Auftritt, der von der Bewegung und dem Ideenreichtum lebt.

In Zeiten des kalten Krieges findet sich das Ensemble, Susanne Hueber, Lukas Kubik und Dominik Gysin, zu Übungszwecken im Luftschutzkeller wieder und stellt bald fest, dass sie dort unten wohl nicht lange überleben würden. Mit einer etwas kuriosen Schlusspointe geht dieser Rahmen zu Ende.

Tetris, PagMan und Super Mario, das Zeitalter der Computerspiele ist angebrochen und d Rhygwäggi spielen die Melodien der wohl bekanntesten dieser Games, während auf der Leinwand die Spiele in Basler Versionen projiziert werden. Ein lustiger Einfall, musikalisch jedoch etwas konfus anzuhören.

Ein Plakettenverkäufer (Andrea Bettini), trifft an der letzten öffentlichen Telefonkabine auf die Swisscom-Mitarbeiterin (Rula Badeen). Der etwas altbackene Fasnächtler und die voll Influente junge Frau leben in zwei Welten und sind sich dennoch so nahe. Ein wirklich amüsanter Austausch, bis zletscht!

Millenium mit FABE und de Schnurebegge. Wo-du-was’99. Ein Rückblick auf 20 Jahre, was war mit der MUBA im 1999 und wo ist sie jetzt? Wo war der FCB vor 20 Jahren und wo steht er im 2019? Während die Stammclique als Rapper gekleidet vorab kräftig und präzise in die Klappen resp. auf das Trommelfell schlägt, fragt FABE rappender Weise und mit Snaredrum-Unterstützung, was ist passiert in den letzten 2 Jahrzehnten. Auf der Leinwand wird gleichzeitig der Schriftzug Schnurebegge gesprayt. Leider konnte man das Endresultat nur sehr kurz bewundern.

Den musikalischen Schlusspunkt setzen die Sans Gêne mit dem toll vorgetragenen „Copain“. Zur musizierenden Clique gesellen sich zuerst Mönche, welche lesender Weise auf die ersten gedruckten Bücher hinweisen, alsdann die Gründung der ersten Zeitungsverlage und deren Leserschaft und schlussendlich die Selfie-Generation. Ein Auftritt der ein überraschendes Ende findet, dies sei hier jedoch nicht ausführlich dokumentiert, es soll jedoch etwas mit einem Präsidenten und kostenlosem Gerstensaft zu tun haben…

Das Final mit dem gesamten Ensemble beschliesst die 5000 jährige Zeitreise und deren hervorzuhebenden Ereignissen in unserer Stadt, unserem Land, der Welt oder sogar auf dem  Mond.

Das Drummeli 2019, 5000 Joor Fasnacht.
Ein wirklich gelungenes Gesamtkonzept. Die Cliquen haben mit enorm viel Kreativität und schöner Fasnachtsmusik, hervorragend auf sich aufmerksam gemacht und die ihnen vorgegebene Epochen toll umgesetzt. Die Schnitzelbänggler haben ebenfalls eine tolle Show abgeliefert, die Guggen brillierten jede auf ihre ganz eigene Art und Weise und das glänzend aufgelegte, wirklich toll agierende Ensemble, spielte den Putz von den Wänden. Bravo!

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