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Gleis X

01. September 1997Von: Sue KellerViews: 6817

«Gleis X» - Das Theater um den Hip Hop

Erstmals in der Schweiz geht ein HipHop-Theater über eine Theaterbühne. Uraufgeführt wird «Gleis X» im Kulturraum Roxy in Birsfelden. Nach zwölf Vorstellungen ist «Gleis X» als Gastaufführung auch sechs Mal am Theater Basel zu sehen.

Samir, ein junger Basler dessen Elterin in die Schweiz zogen begeistert sich für HipHop. Er wagt mit seinem ersten öffentlichen Graffiti den Schritt in die Illegalität. Nachts an den Gleisen übermalt er - unwissend - das Bild eines anderen. Damit bricht er nicht nur das Gesetz des Staates, sondern auch ein ungeschriebenes Gesetz der HipHop-Kultur. So muss er sich vor der Polizei hüten, welche die Ordnung des Staates verteidigt, und vor einigen HipHoppern, die ihren Ehrenkodex des Respekts hochalten. Beide Seiten verteidigen mit aller Macht ihre Regeln. Beide Seiten schlagen zu: Die einen durch ihre Instanzen, die andern im wahrsten Sinn des Wortes. Samir wird verhaftet und verhört. Unter Druck verpfeift er seinen Freund und wird freigelassen. Für die einen kriminell, für die anderen ein Denunziant, muss Samir einen Weg aus der Situation finden. Solidarität erfährt er von keiner Seite, bis er sich klar entscheidet. Er muss herausfinden, was er will und tut dies auch. Samir stellt sich der Herausforderung.

Ideen für Basel

Was wie aus dem Leben klingt, ist der rote Faden, der durch das HipHop-Theaterstück «Gleis X» führt. Damit hat sich die Vereinigung «Bee4Real» unter die 19 Gewinnerprojekte des Wettbewerbs «Ideen für Basel» der Basler Kantonalbank gereiht. Die Jury prämierte das Projekt mit 78'100.- Franken, weil sie der Meinung war, dass viele Bereiche der Jugendkultur bei einem grossen Teil der Bevölkerung auf Skepsis oder Ablehnung stossen. Das nur, weil viele diese Kultur nicht kennen oder Vorurteile ihr gegenüber haben. Zudem erhielt «Bee4Real» Unterstützung durch die Kulturämter beider Basel von insgesamt 20'000.- Franken.

«Bee4Real» ist eine rechtlich anerkannte Fördervereinigung für neue künstlerische Zusammenarbeit mit dem Ziel, den kreativen Teil der Basler HipHop-Kultur zu fördern, zu unterstützen und deren Projekte zu verwirklichen. Sie vermittelt vom Sommercasino aus Künstler aus den Bereichen Graffiti-Malerei, Breakdance und HipHop-Musik, produziert Tonträger im eigenen Tonstudio, organisiert Tanzunterricht, Festivals, Parties, Konzerte und hilft damit der HipHop-Gemeinde, ihre Träume zu realisieren. «Gleis X» soll nun die Akzeptanz und das Verständnis in der Bevölkerung gegenüber HipHop fördern. Ein Dialog soll entstehen zwischen jung und alt. Vorurteile sollen abgebaut und Kulturen einander nähergebracht werden.

Kreativität und Verständnis

regio aktll 970901 3«HipHop ist nicht gleich Rassismus oder Frauenfeindlichkeit, genausowenig wie eine gewalttätige Modeerscheinung.» Diese Nachricht soll nun auch bis zu den Leuten vordringen, die bisher keinen Bezug zu dieser Kultur hatten oder durch einschlägige Radio- und Fernsehmeldungen ein falsches Bild dieser «Szene» erhielten. So hoffen jedenfalls Autor und Produzent Skelt! und Regisseur Tom Ryser. Mit «Gleis X» soll gezeigt werden, wie kreativ die HipHop-Kultur ist. Es soll ein neues Verständnis für etwas geschaffen werden, das eigentlich schon recht alt ist: Rapmusik gibt es bald 20, Graffitis schon gegen die 30 Jahre. Die HipHop-Kultur kam zwar aus Amerika nach Europa, doch verselbständigte sie sich recht schnell. Die Kunst-, Musik- und Lebensform ist mehr als eine Kopie, sie lebt von und für sich bei uns weiter. HipHop sei eine Kraft, die aus dem Nichts komme. Respektive eine Kraft, die nichts als Menschen und irgendeinen Ort brauche.

regio aktll 970901 2Fragen um Fragen, die sich zum HipHop stellen, führten überhaupt zur Umsetzung dieses Projekts: Was ist die Triebfeder für die immense Kreativität, die in Form von Bildern, Tanz und Musik ausgedrückt wird? Was sind «Tags»? Warum werden Jugendliche gewalttätig? Was geschieht, wenn wilde und etablierte Kunstformen aufeinandertreffen? Wie entsteht aus einem Ameisenhaufen von 30 Körper-, Wort-, Spraydosen- und Turntable-Akrobaten, die charakterlich, kulturell und künstlerisch total verschieden sind, ein Ensemble?

Das sind die Fragen, die die Macher von «Gleis X» brennend interessieren. Sämtliche DarstellerInnen sind Laien in der Schauspielkunst, aber Profis im HipHop! Man darf gespannt sein.

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