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The Fantasticks

01. Februar 1999Von: Patrik MürnerViews: 6953

Stadttheater: «THE FANTASTICKS»

Das Musical kämpft gegen die Halbprofis

Altbekannte Musikgattung für Biel: Im Stadttheater hatte das US-Kultmusical «The Fantasticks» Premiere.

Nach zwei Jahren Abwesenheit kehrt das Musical wieder in den Premierenzyklus des Musiktheaters zurück. Das Stück dient als Ersatz für die gestrichene sechste Opernproduktion. Der Verzicht auf das Orchester ist zwar schmerzlich, aber eine Zusammenarbeit mit dem Schauspiel kann bei diesem Musical positiv ausfallen. «The Fantasticks» (Harvey Schmidt, Tom Jones) ist ein kleines Werk, das seit Jahren unweit des Broadways in New York gespielt wird und über eine Fangemeinde verfügt. Ein grosser Erfolg, der von einfachsten Voraussetzungen und Mitteln ausging, für das Bieler «ensemble»-Theater wie prädestiniert. Allerdings ist es dem Musical nie wirklich gelungen, den Sprung nach Europa zu schaffen, daran ändert auch die Bieler Version nichts.

Gerüst für das Bühnenbild

Zum dritten Mal in dieser Saison zeichnet sich der Direktor Peter Theiler für das Bühnenbild. Er benutzt für seine Raumgestaltung eine mit Behängen versehene Gerüstkomposition, die sehr viele, das Stück störende Änderungen erfordert. Für die Inszenierung wurde wie letztes Jahr Robert Young eingeladen, der in dem Stück eine sehr expressive Komik umzusetzen versucht. Dies steigert er in gewissen Szenen bis ins Groteske, was fast an ein Kindermärchen erinnert. Die witzige Farce um die Geschichte als Romeo und Julia ging in der Überspitzung fast unter. Dies wurde vom Publikum sehr zweigeteilt aufgenommen. Auch F. Dion Davis kehrt für die Choreographie wieder nach Biel zurück und übernimmt eine stumme Rolle. Als Darsteller gelingen ihm einige ganz ausdrucksvolle Momente. Die Tanzszenen wirken trotz witzigem Schrittmaterial nicht sehr professionell.

Grosser Einsatz

Die weiteren Rollen sind praktisch ausnahmslos mit Sängern besetzt, die sich alle durch einen grossen Einsatz für den Abend auszeichnen. Als Erzähler und charmanter Räuber führt Patric Ricklin geschickt durch das ganze Stück. Das Liebespaar wird von Andrea Treschl und Konstantin Nazlamov zunächst zaghaft, später aber immer intensiver dargestellt.

Peter Glauser und Andreas Büchler sorgen gelungen für einige dankbare Einlagen. Die beiden Väter schliesslich werden von Henrik Reimann und Skelt! sehr expressiv gespielt. Für die musikalische Leitung sorgte Franco Trinca mit drei weiteren Musikern, die am Premierenabend bisweilen doch ein kleines bisschen Musicalschwung aufkommen lassen.

Der Schwachpunkt

Hier liegt der eigentliche Schwachpunkt der Produktion, der den Mitwirkenden nicht zum Vorwurf gemacht werden kann: Die Musik und ganz im Speziellen der Gesang entsprach nicht dem Musicalstil. Es sind Songs, die mit Operntechnik gesungen den Charme verlieren - den ihnen die deutsche Übersetzung noch gelassen hat.

Genau in dieser Sparte sind die Schweizer Stadttheater einer zunehmenden Konkurrenz von semiprofessionellen Gruppen ausgesetzt. Diese erreichen, obschon sie um alle finanziellen Mittel kämpfen müssen, oft eine hohe Qualität. Und wenn man die Massstäbe des Broadways, die im Programmheft treffend umschrieben werden, auf die Bieler Produktion auch relativiert anwenden würde, so muss man gestehen, dass sie trotz der guten Ensembleleistung auf dem freien Markt wohl nur geringe Chancen hätte.

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